Ambitioniert, anders, ausgebuht
• USA 2022
• Regie: David Gordon Green
• Laufzeit: 111 Minuten
Handlung: Der junge Corey zieht sich nach einem tragischen Ereignis aus der Öffentlichkeit zurück. Als sich jedoch Allyson, die Enkeltochter von Laurie Strode in ihn verliebt, kommt eine Kette an Ereignissen in Gang, die in einer schicksalshaften Halloweennacht ihr dramatisches Ende findet.
Besprechung: Horrorfans haben in meinen Augen viel mit Metalheads gemeinsam. Letztere halten große Treue zu uralten Klassikern wie „die erste Maiden“ oder „Black Sabbath noch mit Ozzy Osbourne“ und sind im Kern konservativ. Wenn eine Band wie Metallica neue Wege einschlägt, ist das Murren groß. Und so finde ich es auch nicht verwunderlich, dass David Gordon Green mit dem letzten Teil seiner Trilogie aus Sicht vieler Horrorfans voll danebengelangt hat. In Foren kann man bis heute lesen, dass der Mann sich nie wieder an einem Horrorfilm und erst recht nicht an Klassikern vergreifen soll. Ich kann verstehen, dass Menschen, denen Michael Myers in der Jugend ans Herz gewachsen ist und die mit Halloween-Filmen bestimmte Atmosphären, tropes und Storyelemente verbinden, durch „Halloween Ends“ verärgert werden. Das ist nicht die Bratwurst mit Kartoffeln und Sauerkraut, die sie bestellt haben. Und wie bei Muttern (Carpenter) schmeckt es heutzutage ja eh nicht mehr.
Wenn man jedoch wie ich nie ein großer Halloween-Fan war – vermutlich einfach weil ich den ersten Film erst mit Anfang 20 gesehen habe – und es deswegen leichter fällt einen Schritt zur Seite zu treten, kann man womöglich anerkennen: „Halloween Ends“ ist alles andere als übel. Auf jeden Fall ist es der interessanteste Teil der Trilogie und bietet mit Corey eine Figur, die mehr hergibt als alle anderen Charaktere dieser Halloween-Neuauflage. David Gordon Green wollte nach eigener Aussage eine Romanze inszenieren, und das ist ihm meiner Ansicht nach gelungen. Die kurze Liebesgeschichte von der Überlebenden (Allyson) mit dem auf andere Weise gezeichneten Corey illustriert die Anziehungskraft traumatisierter Außenseiter aufeinander plausibel. Schnell ist da ein starkes Bedürfnis beim anderen verstanden, gesehen und vielleicht auch geheilt zu werden. Aber auch die übergroße Angst vor Ablehnung und die Gefahr, sich gegenseitig auch in den dunkleren Aspekten des Welt- und Menschenbildes zu bestätigen. Letzteres führt hier zu einer nachvollziehbaren, aber völlig überzogenen Rache an den Menschen, von denen man sich bisher hat verletzten und unterdrücken lassen. Es spricht für den Film und macht ihn gleichzeitig frustrierend, dass er sein Thema nicht verklärt, sondern ernst durchspielt.
Wem das zu viel Psychoblabla ist: Die Eröffnungssequenz ist großartig, die kills sind nicht so zahlreich und heftig wie in „Halloween Kills“, reichen aber denen in „Halloween“ mindestens das Wasser. Michael hat nicht viele Auftritte, die wenigen sind aber markant inszeniert. Und sein Faszinosum wird in meinen Augen nicht beschädigt. Kameraarbeit und Score sind wieder überdurchschnittlich, und die Geschichte wirkt – wenn man den Film öfter sieht und sich von seinen enttäuschten Erwartungen erholt hat – ziemlich rund und tonal auch stimmiger als „Halloween Kills“.
Natürlich hat der Film auch Schwächen. So gibt es wenig Halloween-Atmosphäre und auch nur wenige gruselige Momente. Das Potenzial der Geschichte wird nicht ausgeschöpft und nach hinten raus wird der Film auch einmal kurz unnötig verwirrend. Was gerade bei einem Plot, der ohnehin etwas stärker fordert, nicht gerade schlau ist. Wer aber bereit ist, die Konventionen der Halloween-Reihe zu verlassen und nicht unbedingt Michael Myers als einzigen Antagonisten braucht, sollte diesem ambitionierten und interessanten Abschluss der Trilogie eine Chance geben.
Trivia: Die Figur des Corey Cunningham wurde inspiriert durch den Charakter Arnie Cunningham aus „Christine“ (1983). „Christine“ wurde von John Carpenter nach einem Roman von Stephen Kind gedreht. Auch die Szene mit dem Abschleppwagen ist eine Hommage an diesen Film.
John Carpenter fand die Story von Halloween Ends richtig gut und komponierte mit seinem Sohn Cody sowie Daniel A. Davies auch wieder die Filmmusik. Auch mit dem fertigen Film war er zufrieden.
Im Film wird der Song „(Don’t Fear) The Reaper“ von Blue Öyster Cult angespielt. Der gleiche Song erklingt im allerersten Halloween-Film von 1978.
Am Anfang des Films sieht man kurz eine Frau, die sich erhängt hat. Es ist die Mutter des in „Halloween“ ermordeten Oscar, und sie trägt auch dessen Teufelskostüm, in dem er getötet wurde.
IMDB: 5 von 10
Letterboxd-Rating: 2.1 von 5
Neft-Rating: 3.5 von 5
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