Ein wahnwitziges Slasher-Epos
• USA 2022
• Regie: Damien Leone
• Laufzeit: 137 Minuten
Handlung: Art der Clown ist wieder zurück in Miles County und hat es diesmal besonders auf die Teenagerin Sienna und ihre Familie abgesehen. Denn Sienna hat von ihrem kürzlich verstorbenen Vater vielleicht etwas erhalten, was den dämonischen Clown vernichten könnte. In der Halloweennacht entbrennt ein Kampf, wie ihn die Kleinstadt noch nie erlebt hat.
Besprechung: Trotz einiger Unkenrufe konnte der sehr günstig produzierte „Terrifier“ doch einige Kritiker*innen und etliche Fans überzeugen. Als Damien Leone per Crowdfunding Geld für einen zweiten Teil sammelte, rollte der Rubel. Mit diesen und anderen Geldern kam das Budget auf 250.000 Dollar, fünfmal so viel wie beim Vorgänger. Entsprechend ließ sich Leone nicht lumpen: mehr und bessere praktische Effekte, eine noch wildere Geschichte mit noch fieseren Ideen und eine Laufzeit von 137 Minuten. Auf die Frage, ob er noch alle Latten am Zaun hat, wird Leone vermutlich mit einer Gegenfrage antworten: Welcher Zaun?
Bei seinem zweiten Terrifier-Film scheint sich Leone einige Kritik zum Vorgänger zu Herzen genommen zu haben. Diesmal bietet er mit Sienna (Lauren LaVera) eine echte Protagonistin, die auch schauspielerisch überzeugen kann. Dazu bekommen wir diesmal einen Hintergrundmythos zu Art skizziert, wobei die Lücken in der Legende dafür sorgen, dass man am Ende mehr Fragen als Antworten hat. Ob Leone wirklich einen Masterplan für seine Horrorclown in petto hat, oder aber in jedem Teil nur irgendwelche Ideen einstreut und sich denkt: Kann ich ja im nächsten Teil klären – wir wissen es noch nicht. Mich stört das Ungeklärte hier nicht, die Rätselhaftigkeit hilft der ungemütlichen Clownsfigur dabei, unberechenbar zu bleiben und Zentrum einer Alptraumlogik zu werden: Was immer deine Angst dir einflüstert – hier ist es möglich.
Die Morde sind brutal. Gerade in der Mitte des Films schon surreal brutal. Im Kino wussten manche nicht, ob sie kotzen oder lachen sollten, und das scheint ganz in Arts Sinne zu sein. Abgemildert wird die Grausamkeit ein wenig durch den comichaften Stil mancher Filmelemente, wie das knallrote Blut oder die Fantasy-Rüstung von Sienna. Die Gewalt scheint in einem Paralleluniversum stattzufinden, irgendwie mit der Welt verbunden, aber doch nicht ganz real. Der Filmkritiker Thilo Gosejohann meinte wohl deswegen im Podcast „Eine Stunde Horror“, dass die Terrifier-Filme trotz spektakulärem Splatter eigentlich weniger brutal seien als die härteren SAW-Filme. Für mich wird das dadurch allerdings aufgehoben, dass ich spätestens in Terrifier 2 mit den (potentiellen) Opfern des Clowns sympathisiere und es anders als in den SAW-Filmen keine anstrengenden Arschlöcher trifft. Der üble Clown macht selbst vor Kindern nicht Halt und ist gerade deswegen furchterregender, weil er gar nicht als wirklich realistische Figur verkauft werden soll.
Auch „Terrifier 2“ wurde digital gefilmt und dann per Colourgrading auf den Look der 1980er getrimmt. Das sieht nicht hochwertig aus, hat aber eine ganz eigene Ästhetik, die durch den Synthiescore noch unterstützt wird. Wie der ganze Film ist auch seine audiovisuelle Umsetzung absolut Geschmacksache und richtet sich vor allem an Hardcore-Horrorfans mit viel Seherfahrung und der Liebe zu einem bestimmten Style. Es ist ein spezifischer Stallgeruch, der viele verprellt, manche aber gerade besonders anspricht.
Auch bei der Laufzeit macht Leone keine Kompromisse. 137 Minuten sind für einen Slasher sehr lang. Viel zu lang, meinen manche, und finden vor allem die ausufernde Traumsequenz und das epische, aber auch wirklich kaum enden wollende Finale, verzichtbar. Ich selbst liebe die Traumsequenz, hätte beim Endkampf aber vielleicht tatsächlich ein wenig gekürzt. Aber wirklich meckern will ich nicht, den „Terrifier 2“ nimmt die Stärken des ersten Films und hebt sie auf ein anderes Level. Die Halloweenatmosphäre, die coole Protagonistin und ihr süßer kleiner Bruder, die barbarischen Morde, die unheilvolle Spannung und der rabenschwarze Humor – viel besser kann man einen Slasher im Jahr 2022 meiner Ansicht nach nicht machen.
Trivia: Art-Darsteller David Howard Thornton hat sich viele Gedanken über seine Rolle gemacht und zusammen mit dem Regisseur über Verhaltensweisen und Morde des Clowns nachgedacht. Vieles, was die beiden gemeinsam bei ihren Brainstorming-Sitzungen ausgeheckt haben, kam dann auch tatsächlich in den Film.
Das Make-up des Horror-Clowns orientiert sich am berühmten Pantomimen Marcel Marceau(1923 – 2007).
Um Kosten zu sparen, machte Damien Leone viele praktische Effekte selbst, wurde aber von der Maskenbildnerin Jackie Hughes unterstützt.
Lauren LaVera betreibt seit langem Kampfsport und machte viele Stunts im Film selbst.
Teile des Films – die, in denen Art sich häuslich einrichtet – wurden in der „Fright Factory“ in der 2200 South Swanson Street in Philadelphia gedreht. Dabei soll es sich um einen tatsächlichen Spukort im Keller eines 120 Jahre alten Fabrikgebäudes handeln.
Mit Einspielergebnissen von 10 Millionen bei Kosten von 250.000 war „Terrifier 2“ der profitabelste Film des Jahres 2022.
IMDB: 6.1 von 10
Letterboxd-Rating: 2.8 von 5
Neft-Rating: 4.5 von 5
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