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The Substance

Saftige body horror Groteske mit Demi Moore

 Frankreich, Vereinigtes Königreich, USA 2024    

 Regie: Coralie Fargeat                          

 Laufzeit: 141 Minuten

 

Handlung: Elisabeth Sparkle ist eine ehemalige, oscar-prämierte Schauspielerin, die seit vielen Jahren als Fitness-Queen eine eigene Aerobic-Show namens „Sparkle your Life with Elisabeth“ hat. Zu ihrem 50. Geburtstag überbringt man ihr die Nachricht: Ihre Sendung wird abgesetzt, Sparkle sei zu alt. Nicht bereit, sich so leicht abservieren zu lassen, besorgt sich Elizabeth auf dem Schwarzmarkt ein Serum namens „Die Substanz“. Das Zeug wirkt tatsächlich und gebiert eine jüngere Version ihrer selbst. Diese bleibt mit der „alten“ Version verbunden, was sich in einer Reihe von Regeln äußert, die zu beachten sind. Das ist jetzt schwer zu erklären. Klar ist aber: Das Ganze läuft gehörig aus dem Ruder.

 

Besprechung: Ich habe großen Respekt vor Demi Moore, die es im Leben alles andere als leicht hatte und eine beachtliche Karriere hingelegt hat, ohne sich als Arschloch hervorzutun. Als Schauspielerin mag ich sie aber nicht sonderlich. Ich kann mich an keinen guten Film mit ihr erinnern, und ihre Ausstrahlung fand ich immer kühl, hart und wenig charismatisch. In „The Substance“ spielt sie nun auch noch eine mir unsympathische Person. Was interessiert mich eine Fitness-Queen, die in ihrer beknackten Show Dinge sagt wie „Und hoch die Beine, oder wollt ihr am Strand aussehen wie eine Riesenqualle?“? Ihr Produzent – eindrucksvoll ekelig gespielt von Dennis Quaid – ist ein Vollzeitarschloch und manischer Idiot, eine Kündigung zum 50sten könnte eine große Befreiung sein. Aber Elisabeth kann sich nichts Schöneres vorstellen, als für TV-Gucker*innen rumzuturnen und dabei halbwegs berühmt zu bleiben. Und dann wird sie abgesetzt weil zu alt. So böse! Menschen, die anprangern, dass ein oberflächliches Filmbusiness oberflächlich ist, prangern vermutlich auch mit roten Pausbacken und bebender Unterlippe an, dass die Mafia kriminell ist. Als Satire taugt der Film in meinen Augen kein bisschen. Was soll da aufs Korn genommen werden? Der „Schönheitswahn“ in Hollywood? Hold my beer! Auch als feministisches Statement gegen sexistische Beauty-Standards und die männlich dominierte Verwertung von Frauen, die dann ab einem gewissen Alter nicht mehr profitabel sind, finde ich den Film verzichtbar. Und ehrlich gesagt finde ich auch Elisabeths jüngeres Selbst (gespielt von Margaret Qualley) weder besonders interessant noch derart attraktiv, dass ich einen großen Unterschied zur 50jährigen Elisabeth sehe, die von einer heute 61jährigen Demi Moore gespielt wird, die so aussieht, wie es sich auch viele jüngere wünschen würden (auch Männer, haha). Nein, auf der Ebene der Story gibt der Film nicht viel her, schon gar nicht, wenn man ihn – wie es viele tun – als feministische Satire labelt. 

 

Aber! Als moderne Version der alten Geschichte um Dorian Gray und sein Bildnis ist „The Substance“ eine bemerkenswert enthemmte Groteske geworden. Und als bildgewaltige Meditation über das zutiefst zwiespältige Verhältnis des Menschen zu seinem Körper (und damit zu seiner gesamten Existenz) ist der Film ziemlich klasse und erinnert in seinen besten Moment an „Die Fliege“ von David Cronenberg oder auch an „Der Elefantenmensch“ von David Lynch. Aber das eben aus einer weiblichen Perspektive, denn der Schönheitsdruck wirkt auf Frauen besonders stark und kann üble psychische Auswirkungen haben, die sich Männer oft kaum vorstellen können. Die Selbstverliebtheit der Jungen spiegelt sich im Selbsthass der Alten, und damit hat der Film ein viel existentielleres Thema als "Hollywood" im Fokus. Und erzählt davon weniger durch seinen Plot als durch Bilder. Die sind oft toll komponiert, bieten intensive close-ups und satte Primärfarben, und leuchten (weibliche) Körper von allen Seiten und in etlichen Stadien des Erblühens und Verwelkens aus. Coralie Fargeat, die schon mit dem stylish inszenierten Rape-and-Revenge-Film „Revenge“ (2017) wenig Zurückhaltung im Hinblick auf filmische Gewaltdarstellung gezeigt hat, holt in „The Substance“ das ganz große Besteck in Sachen body horror raus. Die praktischen Effekte sind großartig und helfen der selbstbewussten Inszenierung dabei Gefühle von Ekel, aber auch Mitleid auszulösen, wenn man nicht gerade laut loslachen muss. Denn gerade nach hinten raus ist der Film krachend brutal, aber auch so over-the-top, dass Lachen eine naheliegende Reaktion ist. Ob es Fargeat damit dem Publikum ein bisschen zu leicht macht, solltet ihr selbst entscheiden.

 

Kurz: kein makelloser, aber ein intensiver Film, in dem Demi Moore ziemlich aus sich herausgeht und ein spätes Karriere-Statement setzt.    

 

P.S.: Was sich die immer für Überraschungen gute Bundesprüfstelle bei der FSK-16-Freigabe gedacht hat, werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr herausfinden.

 

Trivia: Während der Film an den Kinokassen übel floppte, wurde seine Aufführung in Cannes mit standing ovations quittiert, die mindestens neun Minuten angedauert haben sollen. In Cannes gewann Regisseurin und Drehbuchautorin Coralie Fargeat die goldene Palme für das beste Drehbuch. 

 

Für die Rolle, die Dennis Quaid in dem Film spielt, war ursprünglich Ray Liotta vorgesehen, der jedoch im Mai 2022 im Alter von 67 Jahren plötzlich verstarb.

 

Die Brüste von Margaret Qualley in dem Film sind nicht echt, sondern eine Prothese, die der französische Makeup-Artist Pierre Olivier Persin für sie angefertigt hat.

 

Einen Film mit ähnlichem Plot gab es bereits 1988 unter dem Titel „Rejuvenatrix“ oder auch „The Rejuvenator“. In dem Film tauft die alternde Schauspielerin Ruth ihr junges alter ego auf den Namen „Elisabeth“.

 

IMDB: von 10

Letterboxd-Rating: 4 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 4 von 5

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Corinna (Montag, 30 September 2024 18:31)

    Danke, Anselm, interessante Sichtweise, die mich fast dazu animiert, den Film zu schauen.

  • #2

    Anselm (Montag, 30 September 2024 18:44)

    Ist halt ein ziemliches Gematsche. Eine gewisse Freude am Ekel sollte man mitbringen.