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Freitag der 13.

Startschuss der legendären Horror-Reihe

 USA 1980    

 Regie: Sean S. Cunningham                          

 Laufzeit: 95 Minuten

 

Handlung: Mehrere junge Menschen kommen im Camp „Crystal Lake“ zusammen, um die Wiedereröffnung des Ferienlagers vorzubereiten. 1958 wurden hier zwei Aufseher*innen ermordet, danach schloss man das Camp. Bisherige Versuche eines Neustarts scheiterten. Und auch diesmal scheint ein schlechter Stern über dem Unterfangen zu stehen. Denn wieder treibt ein Mörder sein Unwesen. 

 

Besprechung: Die meisten Menschen, die in den 1980ern und 1990ern jung waren, haben von diesem Film gehört. Oft auf dem Schulhof oder an der Bushaltestelle, wo man sich Geschichten über den krassesten Film überhaupt erzählte und alle grausigen Details wiedergab, ausschmückte oder erfand, um die Jüngeren und Unbeleckten zu erschrecken und zu beeindrucken. Gut 40 Jahre später hat der Film bei Weitem nicht mehr die Wirkung von damals, und man fragt sich, warum er bis in Deutschland bis 2017 auf dem Index gewesen ist und nicht beworben werden durfte. Zumal die Mundpropaganda hier eh von Anfang an die beste Werbung gewesen sein dürfte. 

 

Wer heute zum ersten Mal – aus was für Gründen auch immer – diesen B-Movie-Klassiker guckt, sieht gut gelaunten Teenagern dabei zu, wie sie herumblödeln, halbnackt in den See springen, unnötigerweise eine Schlange mit der Machete zerteilen (eine leider echte, völlig bescheuerte Tiertötung im Film), und miteinander rummachen, oder es zumindest versuchen. Zumindest auf mich wirken die Figuren naiv, nicht unbedingt unsympathisch, aber tendenziell egal, manchmal auch etwas dumm. Andererseits ist es wohltuend, einmal Jugendliche ohne Smartphone und zwanghaften Hang zum Moralisieren sämtlicher Lebenslagen zu sehen. Die Kids hier wollen einfach saufen, kiffen und vögeln. Ab und an geht dabei einer von ihnen drauf. Die Tötungsszenen sind kurz und wirken manchmal wie aus Theaterinszenierungen, also irgendwie steif und künstlich. Brutal sind sie dennoch, denn das, was man für eine halbe Sekunde zu sehen bekommt, ist tricktechnisch von Tom Savini großartig in Szene gesetzt. Michael Myers aus "Halloween" (1978) hatte sich da deutlich mehr zurückgehalten. Auch die Nähe von Knutschen, Fummeln und Bumsen (hat man damals so gesagt!) mit Tötungen durch Macheten, Harpunen oder Äxte verlieh diesem Film, zumindest in seiner Zeit, etwas Ruchloses. Aber reicht das, um den gewaltigen Erfolg dieses kostengünstigen Streifens zu erklären?

 

Ich denke, dass noch ein paar weitere Faktoren eine Rolle spielen. So ist die Filmmusik von Harry Manfredini ziemlich eindringlich und orientiert sich mit ihren nervösen Streichern und Dissonanzen am legendären Score von Bernard Herrmann für „Psycho“.  Auch tragen Naturgeräusche wie Froschquaken, Käuzchenrufe und Windrauschen zur Atmosphäre bei, die durch ein gleichzeitig sommerliches und abgehalftert-muffiges Setting gekennzeichnet ist. Die Hütten des Ferienlagers wirken runtergekommen und aus der Zeit gefallen. Ich hatte in manchen Szenen das Gefühl, ich könnte die Räume riechen und fühlen. Die dynamische Kamera nutzt häufig den POV des Killers, der sich auch mit einem ikonischen „ki ki ki ma ma ma“-Sound ankündigt. Das Finale ist Terrorkino in der Tradition von Nervenzerrern wie „Blutgericht in Texas“ (The Texas Chainsaw Massacre, 1974) und lässt die Fluchträume wie in einem Alptraum immer enger werden. 

 

Obwohl der Film aus heutiger Sicht nicht mehr besonders brutal oder aufregend ist und man sich über manche Längen wundern kann, hat er sich dennoch sowohl einen eigenartigen Charme bewahrt als auch das Potenzial, Spannung und Grusel zu erzeugen. Obwohl mir die Charaktere nicht besonders ans Herz gewachsen sind, habe ich doch eine sich steigernde Aufregung in meinem System bemerkt. So leichtfüßig der Film ist, so fies ist er auf der anderen Seite. Unter „Hopsys Gedanken“ will ich dieser Ambivalenz und der Frage nach dem Kultstatus von „Freitag der 13.“ Etwas weiter nachgehen. 

 

Trivia: Regisseur Cunningham heuerte als Darsteller*innen vor allem junge, aufstrebende Mimen aus der New Yorker Theaterszene am Broadway an. Darunter neben Adrienne King, Harry Crosby und Jeannine Taylor auch Kevin Bacon, der kurz danach mit „Footloose“ (1984) berühmt wurde.  

 

Betsy Palmer, die vor allem aus Soaps bekannt war, gab später zu, nur in dem Film mitgemacht zu haben, weil sie ein neues Auto brauchte. Das Drehbuch fand sie bescheuert.

 

„Ki ki ki ma ma ma“ dürfte „Kill, kill, kill, mama!“ bedeuten. Es klingt allerdings aufgrund der Aufnahmetechnik wie „Ch ch ch ha ha ha“.


Gedreht wurde in einem echten Summercamp in New Jersey, das bis heute geöffnet ist und eine Wand mit „Freitag der 13.“-Memorabilia besitzt. Das Camp heißt „No-Be-Bo-Sco“

 

Die Filmemacher ließen sich sowohl von „Halloween“ als auch von der kanadischen Teenie-Komödie „Meatballs“ (1979) inspirieren. „Meatballs“, zu deutsch „Babyspeck und Fleischklößchen“, bringt ebenfalls Teenies in einem Ferienlager zusammen, darunter Bill Murray in seiner ersten Rolle.  

 

IMDB: 6.4 von 10

Letterboxd-Rating: 3 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 3.5 von 5

 

// HOPSYS GEDANKEN

 

Ich denke nicht, dass sich die Macher von „Freitag der 13.“ Im Vorfeld wahnsinnig tiefgründige Gedanken gemacht und psychologische Tiefenbohrungen unternommen haben. Es ging in erster Linie um die Möglichkeit, Geld zu verdienen. „Halloween“ hatte zwei Jahre vorher gezeigt, dass man mit kleinem Budget einen amtlichen Kassenerfolg erzielen kann, und dass amerikanische Teenager ganz verrückt sind nach messerschwingenden Mördern, die es auf Teenager abgesehen haben. Warum aber sind „Slasher“-Filme unter Horrorfans bis heute so beliebt? Was ist das Attraktive an der immer gleichen Rezeptur, die durch das „Scream“-Franchise noch sehr erfolgreich um augenzwinkernde Selbstbezüglichkeit erweitert wurde? 

 

Apropos Selbstbezüglichkeit: In der Pubertät beginnt eine Phase, in der man von einer rein selbstbezüglichen Erotik auf eine partnerschaftliche überwechseln will oder soll. Dieser Übergang ist nicht nur für die persönliche Entwicklung bedeutsam, er ist auch angstbesetzt. Es isoliert mit sich selbst zu machen, ist vielleicht je nach Umfeld mit Schuld- oder Schamgefühlen verbunden, sich aber einem anderen Menschen mit seinem Körper in einer intimen Situation anzuvertrauen, ist tendenziell furchteinflößend. Ist man dafür attraktiv und interessant genug? Ist man gemäß den gesellschaftlichen Erwartungen männlich oder weiblich genug? Kann man sich ausreichend hingeben, um einen Orgasmus zu bekommen? Hat man genug Kontrolle über die mächtigen Energien im eigenen Körper? Und könnte man auch mit einem Kontrollverlust umgehen? Was, wenn mein Gegenüber mich hässlich oder lächerlich findet? 

 

Die Teenager, die in „Freitag der 13.“ präsentiert werden, sind selbstbewusst, sexuell aufgeschlossen und normschön. Es gibt immer den albernen Typen, aber auch der kann zum Zuge kommen. Unverdrossen wird gebaggert, geflirtet, geknutscht und gefummelt. Das ist das, was sich viele in dem Alter wünschen. Und hier kommt eine tolle Ambivalenz ins Spiel, die der Film (und im Prinzip die ganze Reihe) adressiert: Für viele geht es nicht so locker leicht vom Kinder- ins Erwachsenenleben. Die Teenies aus der Filmreihe lösen sowohl Sehnsucht danach aus, so zu sein wie sie, als auch Neid und Wut, weil man eben nicht so ist. Und ist es da nicht großartig, dass wir die jungen Menschen sowohl beim Rummachen als auch beim Abgeschlachtet-Werden beobachten können? Als Zuschauer*in kann man sich in ein und demselben Film Träumen von selbstbewusster Sexualität und Rachephantasien gegenüber denen, die sie haben, hingeben. Ein tolles Rundumpaket für den von Selbstzweifeln geplagten Teenager.  

 

Auch eine andere jugendliche Ambivalenz adressiert „Freitag der 13.“ mustergültig: Die Sehnsucht nach körperlicher Nähe bei gleichzeitiger Angst davor findet sich schlicht und effektiv im mysteriösen Killer verkörpert, der gerne dann zuschlägt, wenn Jungspunde anfangen, miteinander rumzumachen. So kann man sich als junger Zuschauer der eigenen sexuellen Angst aussetzen, aber in einer konkreten, überzogenen Form. Tod durch Sex. Die Angst vor einem irren Killer ist greifbarer als die diffusen Ängste rund um partnerschaftliche Intimität. Und sie ist fiktiv und findet auf der Leinwand statt. Man kann sich also seinen eigenen Ängsten sowohl in drastischer als auch zugleich harmloser Form nähern. Besser noch, man kann sich sogar mit dem Killer identifizieren und so zu dem werden, was einem Angst macht. Wie viele Teenager sind zu Halloween schon als Jason Vorhees oder Michael Myers gegangen und werden es noch tun? Wie viele Jugendliche schwärmen für diese fiktiven Filmmörder wie für Pop-Idole? Die kathartische Wirkung dieser filmischen Rosskur hält nicht lange an. Die (sexuellen) Ängste sind danach nicht verschwunden, und auch nicht der Neid auf diejenigen, denen es (angeblich) leichter fällt, mit anderen Menschen intim zu werden. Und das ist das schöne an Horrorfilmen: Man kann einen nach dem anderen drehen bzw. einen nach dem anderen gucken und so im Herzen des Horrors sich vorm Horror verstecken, um ein Zitat des Horrorautors Thomas Ligotti zu paraphrasieren („we may hide from horror only in the heart of horror“). 

 

In vielem Kulturen gab (und teilweise gibt) es furchteinflößende und manchmal grausame und schmerzhafte Rituale, die den Übergang vom Kind zum Erwachsenen markieren, den Eintritt aus der Sphäre der eher verantwortungsfreien Kindheit in die Verpflichtungen als Mitglied der Gemeinschaft (sexuell) produktiv und auf andere bezogen zu sein. In den modernen westlichen Gesellschaften sind solche Initiationsriten individualisiert und kein gesamtgesellschaftliches Kulturgut mehr. Horrorfilme springen für manche in diese Lücke. Und Horrorfilme wie „Freitag der 13.“ tun es besonders offensichtlich. Damit erkläre ich mir die anhaltende Attraktivität der Filmreihe und neuerer Slasher-Filme für junge Menschen und solche, die es irgendwie geblieben sind.

 

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