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Matriarch

Verstörender Mutter-Tochter-Horror

 Vereinigtes Königreich 2022*    

 Regie: Ben Steiner                           

 Laufzeit: 85 Minuten

 

*(Oft werden auch die USA als Produktionsland angegeben. Da aber Regisseur und Hauptdarstellerinnen aus England bzw. Schottland stammen, folge ich hier der Angabe von letterboxd.com)

 

Handlung: Die Businessfrau Laura fährt mit hartem Drogenkonsum zunehmend gegen die Wand. Nach Jobverlust und einem Herzanfall nach zu hoher Kokaindosis kehrt sie ziemlich fertig nach 20 Jahren zum ersten Mal zu ihrer verhassten Mutter zurück. Diese will sich verändert haben und ihrer Tochter nun Unterstützung und ein sicheres Heim bieten, um ihr Leben zu sortieren. Schnell aber eskalieren alte Konflikte und Lauras Misstrauen gegenüber der eigenen Mutter und der gesamten Dorfgemeinschaft wächst. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.

 

Besprechung: Das ist ein seltsamer Film, den ich nicht leicht beurteilen kann. Er hat ein paar Ähnlichkeiten mit Men. Neben Erscheinungsjahr und Produktionsland verbindet beide Filme, dass sie genderspezifische Dramen im Folk-Horror-Gewand inszenieren und einen intellektuellen Anspruch haben. Außerdem spielen beide Filme größtenteils in einer kleinen englischen Ortschaft, in der archaische Umtriebe eine Rolle spielen. Während „Men“ jedoch mit einer sympathischen weiblichen Hauptfigur die Identifikation und das Genießen des Films einfach macht, ist „Matriarch“ deutlich sperriger und unangenehmer. 

 

Das liegt zum einen an der Figur der Laura (Jemima Rooper), die sich nicht nur unsympathisch verhält, sondern auch eine kühle, grimmige Ausstrahlung hat. Oft zieht sie Gesichter, dass man ihr nicht im Mondschein begegnen möchte. Allerdings passt diese Wirkung ziemlich gut zur Plausibilität der Geschichte, und tatsächlich konnte ich trotzdem Mitgefühl mit Laura empfinden. Zum einen, weil ich ihre Verzweiflung glaubhaft finde, zum anderen, weil ihre Mutter (Kate Dickie) noch deutlich fieser ist als sie. Überhaupt ist der Film auf kompromisslose Weise fies. Frauen, die eine komplizierte Beziehung zu ihrer Mutter haben (also fast alle), sollten das als Triggerwarnung betrachten. Auch ich als abgebrühter Horrorvielseher fand „Matriarch“ überraschend bedrückend und verstörend, was vielleicht mehr über mich als über den Film aussagt. Ich vermute aber, dass es anderen ähnlich gehen könnte, da der Film von Kotzen über Monatsblutung, von Suizid bis Verfall, von Narzissmus bis Sucht einige Register zieht, um Reizpunkte zu berühren. 

 

Tatsächlich hat mich Matriarch mehr mitgenommen und beeindruckt als Men, auch dank seiner starken, aber unaufdringlichen Fotografie und eines ziemlich originellen Scores. Die Darsteller*innen sind nicht besonders gut, aber die Psychologie der dargestellten Figuren ambivalent und interessant. Die Folk-Horror-Elemente sind gut eingewoben, und es gibt wenige, aber harte Gewaltspitzen, die ebenso im Gedächtnis bleiben, wie die Darstellungen psychologischer Gewalt und ihrer Folgen. 

 

Man sieht dem Film sein geringes Budget an, aber auch, dass daraus mit guten Ideen viel gemacht wurde. Ich vermute, dass er dem breiten Publikum generell weniger gefällt als der Kritik und empfehle ihn daher eher vorsichtig und vor allem Menschen, die sich durch die Rezension hier eher ermuntert als abgeschreckt fühlen.  

 

Trivia: Ursprünglich sollte der Film „Wormeater“ heißen. Aber die Verantwortlichen bei den Sendern Hulu und Disney+ rieten davon ab, weil der Titel die weibliche Zuschauerschaft verprellen könne.

 

Weil sein Sohn Covid hatte, musste Ben Steiner bei seinem Regiedebüt die ersten Tage aus dem Auto heraus Anweisungen an die Filmcrew geben.

 

Die schottische Schauspielerin Kate Dickie, die hier eindrucksvoll die Mutter gibt, ist vielen schon durch ihre Rollen in „A Game of Thrones“ (Lysa Arryn), „Prometheus“ oder The Witch" bekannt.

 

IMDB: 4.6 von 10

Letterboxd-Rating: 2.5 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 3 von 5

 

 

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