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Der Re-Animator

Over-the-Top Horrorkomödie

USA 1985    

 Regie: Stuart Gordon                           

 Laufzeit: 86 Minuten

 

Handlung: An der Miskatonic Universitätsklinik an der Ostküste der USA taucht ein seltsamer Kauz auf: der verbissene Medizinstudent Herbert West, der ganz eigene Theorien über den Hirntod hat und keinerlei Interesse an sozialen Gepflogenheiten zeigt. Er zieht als Untermieter bei einem anderen Medizinstudenten ein, der heimlich mit der Tochter des Dekans vögelt. Herbert West interessiert sich nicht für solche Techtelmechtel, sondern will nur wissen, ob die Wohnung einen Keller hat, in dem er experimentieren kann.

 

Besprechung: Janet Maslin schrieb 1985 in ihrer Review in der New York Times: "Re-Animator has a fast pace and a good deal of grisly vitality. It even has a sense of humor, albeit one that would be lost on 99.9 percent of any ordinary moviegoing crowd".  Damit trifft die Filmkritikerin einen wichtigen Punkt: Für Menschen, die sehr schwarzen Humor, B-Movies und Horrorfilm-Ästhetik lieben, ist der Film ein Fest, für alle anderen wahrscheinlich eine fragwürdige Angelegenheit. Das Regiedebüt von Stuart Gordon ist kaum gruselig und auch nicht allzu spannend, aber es brilliert in einer anderen Horrordisziplin: Es ist krass. Blut, Gedärme, sprechende Köpfe, reanimierte Katzen, nackte Körper, die durch die Leichenhalle wüten, und eine extrem fiese Szene sexueller Belästigung – „Der Re-Animator“ bewirbt sich nicht gerade für den Filmabend bei der lokalen Walddorfschule. Lovecraft-Fans haben manchmal den Vorwurf geäußert, dass ihr geliebter Horrorautor, diese Exploitation-Version seiner Kurzgeschichte „Herbert West, Reanimator“ abgelehnt hätte. Allerdings sind Lovecrafts Reanimatorgeschichten selbst eine durchaus reißerische Version der guten alten Frankensteingeschichte. Er selbst schätzte sie nicht besonders, sondern schrieb sie vor allem, weil er Geld dafür bekam. Zumindest wird aus der wahrscheinlich eher unabsichtlichen Frankenstein-Parodie der literarischen  Vorlage in der Verfilmung eine absichtliche.

 

Jeffrey Combs, manchen aus Star-Trek bekannt, spielt hier in meinen Augen die Rolle seines Lebens: Als verbissen-verklemmter Wissenschaftler, der sich nur für seine Forschung interessiert und dem menschliche Anwandlungen dabei nur lästig sind, ist er einfach großartig. Seine Performance ist sowohl satirisch als auch ein wenig bedrohlich und obendrein eine Hommage an mad scientists vergangener Jahrzehnte. Stark ist auch, dass er im Laufe des Films angesichts eines noch ekligeren Charakters seine Funktion als Oberbösewicht einbüßt und nun fast schon zu den Guten gehört. Er verkörpert den Typus des asexuellen, (emotional) impotenten Wissenschaftlers, der aus obsessiver Neugier forscht, während sein Kontrahent Dr. Carl Hill Forschung vor allem als Mittel zum sexuellen Zweck begreift. So schafft es „Re-Animator“ zwei zentrale Facetten der „verrückten Wissenschaftler“-Mythologie in einem Film abzubilden und gegeneinander auszuspielen. 

 

Das Tempo ist hoch, Barbara Crampton als Scream Queen wieder extrem sympathisch, die teilweise an den berühmten Psycho-Score von Bernard Hermann angelehnte, recht klassische Filmmusik cool, die Spezialeffekte ordentlich und das neongelbe Serum einfach herrlich. Was Logik und guten Geschmack angeht, sollte man seine Ansprüche realistisch niedrig halten: Das hier ist ein wilder Ritt durch einen ziemlich komischen Alptraum, inszeniert mit einer Sorglosigkeit, die heute kaum noch denkbar ist.  

 

Trivia: Der auch in den USA kontrovers aufgenommene Film kam erst gar nicht in die deutschen Kinos und wurde ab dem 31. Oktober 1988 auf VHS vermarktet. Am 30. November 1989 wurde er in Deutschland indiziert. Erst ab Juli 2013 durfte wieder für ihn geworben werden. 

 

Im Film ist ein Plakat der Band „Talking Heads“ zu sehen. 

 

Für den Film wurden gut 90 Liter Kunstblut verwendet, was damaliger Rekord gewesen sein dürfte. 

 

2011 inszenierte Stuart Gordon eine Musical-Adaption seines eigenen Films. Dabei unterstützten ihn der Komponist und Lyriker Mark Nutter, sowie die Autoren Dennis Paoli und William J. Norris. Die sechsmonatige Musical-Tour war ausverkauft und gewann den LA Drama Critics Circle Award. 

 

David Bowie nannte 1991 gegenüber Kameramann Mac Ahlberg „Re-Animator“ seinen Lieblingsfilm.

 

Die Opening Credits lassen nicht nur aufgrund der Musik an Psycho denken, sondern aufgrund der visuellen Gestaltung auch an das von Saul Bass entworfene Intro von „Vertigo“.   

 

IMDB: 7.2 von 10

Letterboxd-Rating: 3.8 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 4 von 5

 

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