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From Beyond – Aliens des Grauens

Cooler Camp nach Lovecraft-Story

USA 1986    

 Regie: Stuart Gordon                           

 Laufzeit: 85 Minuten

 

Handlung: Dr. Pretorius und sein Assistent Crawford Tillinghast arbeiten in einer privaten Villa an einem Resonator. Die Maschine soll mit genau kalibrierten Schwingungen die menschliche Zirbeldrüse stimulieren. Ein schlafendes Organ, mit dessen Hilfe sich andere Bereiche der Wahrnehmung erschließen lassen sollen. Das Experiment zeitigt grauenhafte Resultate: Pretorius wird von einem Etwas enthauptet und Tillinghast als mutmaßlich schizophrener Mörder in einer Psychiatrie eingewiesen. Die unkonventionelle Psychiaterin Dr. Katherine McMichaels glaubt Tillinghast jedoch. Und kann erwirken, dass das Experiment mit dem Resonator noch einmal wiederholt wird.

 

Besprechung: Vermutlich ist es gut, dass Lovecraft diese wilde und stark sexualisierte Adaption seiner gerade mal sieben Seiten langen Kurzgeschichte „From Beyond“ nicht mehr sehen kann. (Es sei denn, dass es im Jenseits Möglichkeiten gibt, von denen wir noch nichts ahnen.) Denn während sich der amerikanische Horrorautor um Ernsthaftigkeit, kühle Sachlichkeit und keuschen bis asexuellen Benimm bemühte, bewegt sich diese bunte Verfilmung von Stuart Gordon bewusst an der Grenze zur Albernheit und des schlechten Geschmacks (kurz: Camp) und lässt seine Figuren teilweise sprechen und agieren wie in einem durchschnittlichen Pornofilm. Passenderweise sorgt eine stimulierte Zirbeldrüse hier auch für eine stark gesteigerte Libido. Das erinnert weniger an Lovecraft und mehr an David Cronenberg (z.B. „Parasiten-Mörder", Crash", Die Fliege"). Der Body-Horror wird entsprechend saftig bzw. schleimig in Szene gesetzt. Gleich vier Teams kümmerten sich um die Special Effects, denen man die Liebe ansieht. Allerdings auch das begrenzte Budget. Aus heutiger Sicht wirken sie weniger überzeugend als etwa die praktischen Effekte aus John Carpenters „The Thing“. Und die CGI-Jenseits-Aale, die ab und an durchs Bild schwimmen, lassen die Grenze zur Lächerlichkeit hinter sich. Aber der Film will eh nicht ernst genommen werden, sondern eine fetzige Comic-Version aus Lovecrafts Phantasien erstellen. Und das gelingt gut. Die Darsteller*innen passen wunderbar ins Setting: Der etwas verklemmt wirkende Jeffrey Combs als Crawford Tillinghast, Ted Sorel als Lustmolch Dr. Pretorius, Ken Foree (aus Romeros Dawn of the Dead") als lebenslustiger Polizist und vor allem Barbara Crampton, die sich von einer bieder gekleideten Wissenschaftlerin in eine Lack-und-Leder-Domina wandelt und dabei interessanterweise immer zugleich sehr neugierig und ziemlich unschuldig wirkt. 

 

Auch wenn „From Beyond“ weder tiefsinnig noch ernsthaft gruselig sein will: Für Menschen, die mit Horrorfilmen und -geschichten eher wenig vertraut sind, kann der Film schon etwas verstörend sein. Auch kennen die Macher ihr Genre gut: Der Subtext vom impotenten Wissenschaftler, dessen obsessive Forschung einer frustrierten Libido entspringt, kann auf eine lange Tradition an mad scientists zurückblicken, denen gerne mal eine Hand fehlt (Symbol!). Dass die Einsicht in ungeheure Geheimnisse des Universums nicht nur den Geist zerrütten und die Seele zersetzen kann, sondern auch den Körper verändert und die Lust entfesselt, ist eine interessante Erweiterung der Lovecraft-Mythologie. Und „From Beyond“ auch dank seines starken Scores ein sehenswerter Film für Horror-B-Movie-Enthusiasten.  

 

Trivia: „From Beyond“ wurde aus Kostengründen nicht in den USA, sondern in Italien gedreht. Und zwar auf der Dinocitta-Soundstage in der Nähe von Rom. Das kleine Studio hatte Dino de Laurentiis bauen lassen. Weil er aber keine Steuern zahlte, wurde Dinocitta beschlagnahmt und dann an die Empire Studios verkauft. Stuart Gordon meint, dass er bei einem Dreh in den USA 15 Millionen Dollar ausgegeben hätte. So waren es 2.5 Millionen.

 

Die Klänge, die der Resonator erzeugt, wurden von den Beastie Boys in ihrem Song „Intergalactic“ gesampelt.

 

Jeffrey Combs erzählt über den Dreh unter anderem folgende Anekdote: Einmal kam er in vollem Make-up aus seinem dressing room, also glatzköpfig und mit einem Loch im Kopf, aus dem die Zirbeldrüse züngelt. Dazu trug er einen weißen Psychatrie-Kittel. Im Flur traf er auf eine Gruppe Kinder in Pilzkostümen, die für einen Werbefilm zurecht gemacht worden waren.  

 

IMDB: 6.6 von 10

Letterboxd-Rating: 3.5 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 3.5 von 5

 

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