Schwarze Horrorkomödie mit Schmackes
• USA 2019
• Regie: Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett
• Laufzeit: 95 Minuten
Handlung: Grace heiratet in die Familie ihres Bräutigams Alex ein. Die Le Domas sind durch Gesellschaftsspiele steinreich geworden und zugleich auf gewisse Traditionen versessen. Neulinge in der Familie müssen in der Hochzeitsnacht an einem Spiel teilnehmen. Meist wird per Zufallsprinzip ein harmloses Spiel wie Schach oder Schwarzer Peter ausgewählt. Grace hat jedoch weniger Glück als andere Angeheiratete. Auf ihrer Spielkarte steht „Hide and seek“. Und so versteckt sie sich gut gelaunt, noch nicht ahnend, dass es bei dieser Partie um Leben und Tod geht.
Besprechung: Wer sich eine Mischung aus einem etwas gröber geschnitzten „Knives out“ und einem der neueren Scream-Filme ausmalen kann, bekommt eine ganz gute Vorstellung von „Ready or Not“. Dass die Reichen einen besonderen Knall haben und ihre Neurosen und Lebensweise oft zu Lasten der anderen Klassen gehen, ist keine neue Erkenntnis und wird im zeitgenössischen Film von „Snowpiercer“ (2013) über „Der Schacht“ (2019) bis zu „The Menu“ (2022) gerne als semi-aufklärerische Basis für Grusel, Groteske und Gaudi genutzt. Was „Ready or Not“ trotz dieser schon fast zur beruhigenden Folklore verkommenen „Sozialkritik“ sehenswert macht, ist die tolle Performance von Samara Weaving, die als Grace alle Register von humorvoll-cool, über naiv-zerbrechlich, bis zu schwer verängstigt und sauwütend zieht. Ihre Mimik ist so lebendig, dass sie von einigen etwas flachen Dialogen und Stereotypen ablenkt. Außerdem kann sie nicht nur einstecken, sondern auch austeilen, dass es eine Freude ist.
„Ready or Not“ nimmt nach gut 20 Minuten Fahrt auf und lässt dann nicht mehr locker. Für eine Horrorkomödie ist der Film erstaunlich spannend und brutal, was die Freude für Horrorfans erhöht, für zartbesaitete Zuschauer*innen hingegen tendenziell schmälern könnte. Obwohl der Film nicht besonders lustig ist, musste ich mehrmals laut lachen, was mit schwarzem Humor und gutem Timing zu tun hat, weniger mit brillant geschriebenen Dialogen oder extrem gewitzter Klassen-Analyse. Ich würde sagen: Das ist ein Promille-Film, der zusammen mit anderen (am besten in einem Kino) genossen werden sollte. Dann stört der Mexiko-Filter auch nicht, der eine eher fragwürdige Entscheidung im Colourgrading gewesen ist. Davon abgesehen sieht der 6 Millionen Dollar Film durchaus gut aus und hat einen soliden, funktionalen Score und feine praktische Effekte. Und wer Andi MacDowell mal in einem Film jenseits von Romcom oder Drama sehen will, bekommt hier eine der seltenen Gelegenheiten. Und es ist schön zu sehen, wie hier die altbekannte Geschichte „einfaches Mädchen angelt sich einen Millionär“ einmal nicht als Wunsch- sondern als Alptraum inszeniert wird.
Trivia: Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett haben vor „Ready or Not“ bereits drei Horrorfilme zusammen gedreht: „V/H/S", „The Devil’s Due“ und „Southbound“. Nach „Ready or Not“, der ein großer Erfolg war, besetzten Bettinelli-Olpin und Gillett wieder zusammen den Regiestuhl, um die Teile 5 und 6 der Scream-Reihe zu drehen. In „Scream 6" hat Samara Weaving eine Rolle als Filmwissenschaftlerin.
Kostüm-Designer Abery Plewes entwarf siebzehn Versionen des Hochzeitskleides, das Grace den gesamten Film über trägt. Der Wandel des Kleides symbolisiert den Wandel des Zustandes und der Haltung der Braut.
Wer sich fragt, wo er den Begriff „Shemhameforash“ schon mal gehört hat (oder einfach, was das bedeuten soll): Er stammt aus der „Satanischen Bibel“ von Anton Szandor La Vey und wird bei satanistischen Ritualen dieser Schule als Äquivalent für „Hallelujah“ benutzt. In der jüdischen Kabbala, aus der La Vey das Wort gemopst hat, bedeutet Shemhameforash „der eindeutige Name“ und ist einer der 72 Namen Gottes.
IMDB: 6.9 von 10
Letterboxd-Rating: 3.5 von 5
Neft-Rating: 3.5 von 5
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