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Psycho II

Überraschend interessante Fortsetzung eines Klassikers

USA 1983      

 Regie: Richard Franklin                            

 Laufzeit: 113 Minuten

 

Handlung: 22 Jahre nach den Ereignissen aus Psycho wird Norman Bates als geheilt aus der Psychiatrie entlassen. Lila Loomis, die Schwester, der damals von Bates getöteten Marion Crane, hält das für einen Skandal, und setzt alles daran, dass der nun scheinbar harmlose Mann wieder eingesperrt wird. Aber er bekommt einen Job in einem lokalen Diner und kann sogar sein Motel wieder eröffnen. Auch freundet er sich mit seiner jungen Kollegin Mary an, die in ihm das Gute sieht und sogar in die finstere Villa über dem Motel einzieht, nachdem ihr Freund sie rausgeworfen hat. Norman wirkt echt ganz nett. Es dauert allerdings nicht lange, bis eine weiblich aussehende Gestalt mit Messer wieder in Bates Motel zu morden beginnt.

 

Besprechung: Es ist eine ziemlich undankbare Aufgabe ein Sequel zu einem zwei Jahrzehnte alten Klassiker zu drehen und sich damit einen ungemütlichen Vergleich aufzubürden. Noch dazu, wenn das Original von einer Regielegende wie Alfred Hitchcock stammt und in sich komplett abgeschlossen war. Was will ich da 22 Jahre später noch erzählen? Dass Norman Bates (Anthony Perkins) wieder in den Kleidern seiner Mutter „schmutzige Flittchen“ umbringt? Oder versuche ich stattdessen etwas Neues und baue überraschende Twists ein, wie sie den Film von 1960 ausgezeichnet haben? Regisseur Richard Franklin und Drehbuchautor Tom Holland haben sich für die Twist-Variante entschieden. Und auch, wenn die "überraschenden Wendungen" nicht gut funktionieren und den Film nach hinten raus eher wirr als zwingend machen – ich finde diese Fortsetzung sehr unterhaltsam. 

 

Das liegt vor allem am sensationell aufspielenden Perkins, aber auch an der creepy Chemie zwischen dem heimgekehrten Mörder und einer jungen, scheinbar naiven Psychologiestudentin (Meg Tilly). Auch ist das Setting (immer noch) toll und wir bekommen mehr von der Bates-Villa zu sehen. Optisch ist der Film brutaler als sein Vorgänger – mehr Leichen, mehr Blut – aber kann ihm sonst natürlich nicht das Wasser reichen. Das gilt auch für den coolen Score von Jerry Goldsmith (u.a. Alien ), der nicht den Impact der Musik von Bernard Herrmann erreicht. 

 

Fragwürdig ist, was Psycho II aus der Figur der Lila Loomis (Vera Miles) macht, die in Psycho noch sympathische Heldin gewesen ist (und seitdem offenbar den Geliebten ihrer ermordeten Schwester, nämlich Sam Loomis, geheiratet hat). Andererseits ist das auch wirklich interessant. Denn anstatt nur auf Suspense und „Wer war’s denn nun?“ zu setzen, hat dieser Film neben schwarzhumorigen Anwandlungen auch einen tragischen Aspekt: Opfer wie Täter werden von der grausigen Vergangenheit eingeholt und wiederholen sie gerade deswegen, weil sie sie unbedingt vermeiden wollen. Der Film stellt auch gar nicht dumme Fragen: Brauchen wir Normalen die Verrückten, um uns normal zu fühlen, und entlassen sie deswegen nicht aus ihrem Irrsinn? Oder treiben sie sogar in den Wahnsinn?

 

Kein Klassiker, aber allemal ein überdurchschnittlicher Psychothriller, in dem neben Perkins auch die junge Meg Tilly als „Freundin“ von Bates glänzt – eine Freundschaft, die auf verschiedenen Ebenen so gruselig, wie rührend ist.

 

Trivia: Statt Meg Tilly sollte eigentlich Jamie Lee Curtis die junge Mary spielen, aber sie hatte gleichzeitig ein lukrativeres Rollen-Angebot in der Eddie-Murphy-Komödie „Die Glücksritter“. Meg Tilly wiederum durfte als Kind nie Fernsehen und kannte den Film Psycho nicht. Weil ihr dessen Relevanz unbekannt war, verstand sie auch nicht, warum sich die Presse so stark für Anthony Perkins interessierte, der nun zum zweiten Mal den Norman Bates spielte. Auf dem Set wunderte sie sich, warum „Toni alle Aufmerksamkeit“ bekam. Perkins, der das mit anhörte, wurde sauer, und schlug vor, sie ersetzen zu lassen. Glücklicherweise ging niemand auf den Vorschlag, des gekränkten Mimen ein, denn seltsamerweise funktionieren Tilly und Perkins in dem Film zusammen hervorragend, während sie abseits der Kamera kein Wort miteinander sprachen. Übrigens wollte Perkins selbst, die Bates-Rolle eigentlich kein zweites Mal spielen, so dass Christopher Walken im Gespräch war.

 

IMDB: 6.6 von 10

Letterboxd-Rating: 3.4 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 3.5 von 5

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Steffelowski (Samstag, 02 März 2024 09:16)

    „Eine Fortsetzung, die niemand braucht“…. Oder vielleicht doch? Interessanter wäre vielleicht ein Prequel, gewesen, aber die (von mir) erwartete Total-Katastrophe blieb bi Psycho 2 dann doch aus. Guter Film, der die Handlung des Originals gekonnt weiter erzählt und an manchen Stellen zu überraschen weiß. Allerdings hätte ich mir den Film in schwarzweiß gewünscht, um noch etwas mehr Farbe reinzubringen.

  • #2

    Anselm (Samstag, 02 März 2024 10:25)

    Gen Prequel tendiert ja, so wiet ich weiß, Psycho IV. Den habe ich hier zwar liegen, aber noch nicht gesehen. Mich hat die Farbe bei Psycho II nicht gestört, aber es wäre schon interessant, den in schwarzweiß sehen zu können.