Albern, charmant, kraftspendend
• USA 1985
• Regie: Daniel Attias
• Laufzeit: 95 Minuten
Handlung: Wir befinden uns mal wieder in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Maine, also auf dem Terrain von Stephen King, von dem auch die Vorlage „Das Jahr des Werwolfs“ stammt. Diese zwölf Kapitel (für jeden Monat) umfassende Kalendergeschichte wurde für den Film auf wenige sommerliche Wochen gestrafft. Die Handlung ist aber weitgehend gleich: Ein Mörder (m/w/d) treibt in Tarker Mills sein wahlloses Unwesen. Der Teenager Marty vermutet früh, dass es sich um einen Werwolf handeln könnte. Außer seinem Tunichtgut von einem Onkel hört ihm aber niemand zu. Und auch der liebe Oheim glaubt nicht an Werwölfe, was schlecht ist, den der Werwolf hat schon die Fährte des vorwitzigen Jungen aufgenommen.
Besprechung: Nein, das ist kein guter Film, aber ein charmanter. Die Mehrheit der Schauspieler – mit Ausnahme von Corey Haim als Marty und Gary Busey als Onkel Red – würde auch auf einer Provinzbühne in Dinslaken-Ost nicht für Begeisterungsstürme sorgen, die Logik ist selbst für einen Werwolffilm fischig, die Charakterentwicklung sprunghaft bis egal und das Monster sieht aus wie etwas, das bei der Augsburger Puppenkiste ausgemustert wurde. Aber: Wenn man den Film mit den Augen eines Kindes sieht oder denen eines gutmutigen Erwachsenen in nostalgischer Stimmung, dann hat er seinen ganz eigenen Zauber. Das Verhältnis des lebenshungrigen Marty, der in einem Rollstuhl sitzen muss, und seines versoffenen Onkels, ist interessant und berührend. Richtig öde wird der Film nie, es gibt diese wundervolle typische Stephen King Kleinstadt Atmosphäre, ein paar wirklich spannende Szenen, eine herrliche Traumsequenz in einer Kirche und einen Jungen mit Behinderung, der einen Schlag bei den Mädchen hat, mit einigen PS durch die Gegend brettert und sich mit einem Werwolf anlegt. Das nenne ich Empowerment.
Trivia: In einer frühen Fassung des Drehbuchs konnte der Werwolf noch gurgelnd sprechen, so wie auch in der King-Vorlage. Für den Film wurde diese Fassung aber nicht verwendet. Die Anfertigung des Werwolfkostüms dauerte satte drei Monate und war während der Dreharbeiten noch nicht fertig. Die Szenen, in denen es zum Einsatz kam, wurden also erst nachträglich gedreht. Dino de Laurentis war mit dem Aussehen des Werwolfs allerdings auch hinterher unzufrieden. Ihm missfiel nicht allein das Kostüm selbst, sondern auch, wie der Darsteller sich darin bewegte. Dieser war beleidigt. Hatte man den erfahrenen Tänzer doch extra wegen seiner Bewegungsfertigkeiten angeheuert.
Regisseur Daniel Attias drehte genau einen Film, nämlich diesen. Davon abgesehen drehte er Folgen von nicht ganz unbekannten Fernsehserien wie „Miami Vice“, „Buffy – im Bann der Dämonen“ oder „Die Sopranos“.
Der amerikanische Originaltitel des Films ist „Silverbullet“. Silberkugel heißt natürlich ein Objekt, das nach Überlieferung einen Werwolf töten kann – manche nennen eine schleswig-holsteinische Sage aus dem 16. Jahrhundert namens „Der Werwolf von Hüsby“ als ersten Beleg (1). In Buch und Film heißt aber auch die motorisierte Premium-Seifenkisteps so, die Onkel Red für Marty baut. Da des Nerdens damit aber noch nicht genug ist, sei noch darauf hingewiesen, dass es recht kniffelig ist, eine Gewehrkugel aus reinem Silber herzustellen. Lest euch in die Materie mal ein, oder krasser noch: Versucht es mal in der Praxis!
IMDB: 6.4 von 10
Letterboxd-Rating: 3.2 von 5
Neft-Rating: 2.5 von 5
(1) http://www.lexikus.de/bibliothek/Der-Werwolf-von-Huesby
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