Tolle Aliens, doofe Menschen
• USA 1997
• Regie: Jean-Pierre Jeunet
• Laufzeit: 109 Minuten
Handlung: 200 Jahre nach Alien 3: Ellen Ripley wird durch eine Gruppe von Wissenschaftler*innen geklont. Nicht, weil man an ihr als Mensch interessiert wäre, sondern, weil sie ein Alien in ihrem Bauch hat und ein wissenschaftlich interessanter Hybrid ist. Überhaupt ist das Wissenschaftsteam völlig besessen von den Xenomorphen, und lässt sich von einem Haufen Gesetzloser bedauernswerte Menschen anliefern, um diese mit weiteren Aliens zu befruchten. Es kommt, wie es kommen muss: Ripley nimmt gemeinsam mit den Outlaws einmal mehr den Kampf gegen die Aliens auf, die mit dem Forschungsraumschiff die Erde zu erreichen drohen.
Besprechung: Mit diesem Film der Alien-Reihe werde ich nicht warm. Die Spezial-Effekte sind toll, es gibt viele eklige Alienszenen in denen geschleimt, gesplattert und gemorpht wird wie in keinem anderen Teil. Auch ist die zweite Hälfte wirklich rasant, und über das „Kuriositätenkabinett“ in der Mitte des Films beschwere ich mich auch nicht. Das alles kann mich aber nicht darüber hinwegtrösten, dass diesmal die Aliens die sympathischsten Charaktere in der Geschichte sind. Die Wissenschaftler sind komplette Arschlöcher und irre noch dazu. Keinen Moment lang denkt man, dass ihre Arbeit irgendeinen Sinn haben könnte und guten Motiven entspringt. Die Outlaws wiederum sind ebenfalls moralisch verwahrloste Machos, die mit sexistischen Sprüchen nerven und alle Probleme entweder mit Gebrüll oder mit Gewalt lösen wollen. Auch Ripley ist diesmal nicht so faszinierend, da ihre gefühlvolle Seite so gut wie gar nicht zum Vorschein kommt und sie obendrein Superkräfte hat, die sie langweiliger machen.
Auch finde ich den Look des Films nicht so ansprechend. Die Kameraarbeit ist trotz vieler dutch angle nichts Besonderes und die Musik von John Frizzell klingt wie die typische Spannungs-Blockbuster-Musik der 1990er. Mit Alien 4 verliert das Franchise in meinen Augen seine Magie. Interessanterweise steckt dahinter mit Jean-Pierre Jeunet ein Regisseur, den viele vor allem wegen „Die fabelhafte Welt der Amelie“ kennen. Vor Alien – Die Wiedergeburt machte er mit den skurrilen Filmen „Delicatessen“ und „Die Stadt der verlorenen Kinder“ (beide zusammen mit Marc Caro als zweiter Regisseur) auf sich aufmerksam, die ähnlich wie die Filme von Luc Besson für ein neues französisches Kino standen, ein Cinéma du look, das sich von der eher verkopften Nouvelle Vague und dem französischen Erzählkino mit „Anspruch“ abgrenzte. Man kann die Filme Jeunets mit dem Film- und Kulturkritiker Georg Seeßlen als interessanten Kitsch bezeichnen. Seeßlen schreibt auch: „Mehr als bei David Lynch, Lars von Trier und Woody Allen wird bei Jean-Pierre Jeunet die Psychose zum Kunst- und Erkenntnis-Instrument.“ (1) Das gilt nicht unbedingt für die Hollywood-Produktion Alien – Die Wiedergeburt, aber Ansätze für diese These finden sich auch hier, und der Borderline-Alien-Hybrid am Ende könnte wirklich aus einem verdammt psychoseähnlichen Trip stammen.
Aber reichen einige starke Bilder und Szenen für einen guten Alien-Film? Joss Whedon zumindest war mit dem fertigen Film unzufrieden und sagte in einem Interview bei bullz-eye.com im Jahr 2005, sein Drehbuch sei grauenvoll umgesetzt und der Film so gut wie unanschaubar. Das geht sicher zu weit, aber der Beschreibung der meisten Figuren im Film als „kalauerndes Kanonenfutter“ (Roland Huschke in der Zeitschrift Cinema) kann ich nur zustimmen.
Trivia: Und dabei haben wir hier mit Winona Ryder, Ron Perlman, Dominique Pinon, Michael Wincott und Brad Dourif ein wirklich namhaftes Ensemble zusammen. Winona Ryder unterschrieb übrigens für ihre – noch ganz erträgliche – Rolle, ohne vorher das Drehbuch gelesen zu haben. Sie fand die Idee toll, vor ihren jüngeren Brüdern damit anzugeben, in einem Alien-Film mitgespielt zu haben. Sigourney Weaver hingegen wollte keinen weiteren Alien-Film drehen. Für sie war der Stoff auserzählt. Sie änderte ihre Meinung. Gefragt warum, antwortete die selbstbewusste Britin: „They basically drove a dumptruck full of money to my house".
Und wo wir bei Klatsch und Tratsch sind: Ron Perlman wäre bei den dreiwöchigen Drehs der Unterwasserszenen fast ertrunken, weil er sich den Kopf stieß und bewusstlos unter Wasser trieb. Zum Glück konnten ihn Menschen aus der Film-Crew retten. Und Winona Ryder, die als Jugendliche beinahe ertrunken wäre, tauchte für diesen Film das erste Mal seit ihrem 12. Lebensjahr wieder unter Wasser. Dabei erlitt sie am ersten Drehtag am Unterwasserset eine Panikattacke.
(1) Ein interessantes Essay dazu findet sich auf www.getidan.de.
IMDB: 6.2 von 10
Letterboxd-Rating: 2.6 von 5
Neft-Rating: 2 von 5
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