Belangloser Psychiatrie-Grusler
• USA 2010
• Regie: John Carpenter
• Laufzeit: 88 Minuten
Handlung: USA 1966. Die junge Kristen (Amber Heard) brennt ein Farmhaus nieder, wird von der Polizei aufgegriffen und in eine Psychiatrie gebracht. Auf der Station dort („The Ward“) lernt sie vier andere junge Frauen kennen, die ebenfalls mentale Probleme haben. Zu allem Überfluss scheint auch noch eine grausige Erscheinung auf den Fluren der Anstalt umzugehen. Kristen ist fest entschlossen, das dunkle Geheimnis des Ortes zu lüften.
Besprechung: John Carpenter kehrte nach seinem Flop „Ghosts of Mars“ Hollywood ausgebrannt den Rücken. Erst neun Jahre später versuchte er sich noch einmal an einem Horrorstreifen, der allerdings ebenfalls an der Kasse und bei der Kritik durchfiel. Und leider ist das bis heute sein letzter Film. Man kann nicht einmal sagen, dass „The Ward“ schlecht ist. Die Schauspieler*innen machen ihre Sache ordentlich, die Laufzeit ist mit 88 Minuten knackig kurz, das Anstalts-Setting hat seinen Charme und die Geschichte ist halbwegs durchdacht. Das Problem ist, dass der Film wie eine lustlose Abhandlung altbekannter Gruselfilm-Klischees wirkt und weder optisch noch inhaltlich noch bei Sound und Score irgendwelche Akzente setzen kann. Wenn man noch nie einen Horrorfilm gesehen hat, ist „The Ward“ vielleicht spannend und gruselig, aber bald wird man merken, dass es etliche bessere Filme gibt.
Auch sind Horrorfilme, die in Psychiatrien spielen, schnell ärgerlich. Gerade Menschen, die selbst als Betroffene, Angestellte oder Angehörige in solchen Institutionen gewesen sind, dürften sich an der effekthascherischen, oberflächlichen Darstellung und Dämonisierung von Psychiatrie, Patient*innen und psychischen Krankheiten stören. Ich selbst bin da als Horrorvielseher belastbar, verstehe aber jeden, der solche Grusel-Anstalten doof findet. Hier ist es nicht ganz so schlimm, da zum einen, viele Psychiatrien in den 1960ern tatsächlich so gewesen sind, wie hier gezeigt, und zum anderen das Anstaltspersonal nicht ganz so mies porträtiert wird, wie man meinen könnte. Auch wird den Patientinnen immerhin eine hübsche, mädchenhaft leichte Tanzszene gegönnt, die zu den wenigen Highlights des Films zählt.
Amber Heard spielt die Kirsten durchaus mit Energie und Leidenschaft. Vielleicht war die damals 24-Jährige die Einzige, die wirklich ganz hinter dem Film stand. Leider aber ist sie so in Szene gesetzt bzw. setzt sich so in Szene, dass sie in jeder Einstellung maximal attraktiv wirkt. Dass eine junge Frau in der Psychiatrie nicht nur bestes Make-up hat und aufträgt, sondern auch einen Coiffeur, der dafür sorgt, dass die Frisur immer tadellos wirkt, ist schon etwas dämlich. Dass sie dann aber auch in jeder Pose und Mimik so wirkt, als wolle sie einen Vertrag als Topmodel bekommen, macht die eigentlich gute schauspielerische Leistung in meinen Augen zunichte und gibt dem Film auch einen leicht sexistischen Beigeschmack und wirkt verharmlosend in Bezug auf schwere psychische Krankheiten. Sandy King, die Frau von John Carpenter, bezeichnete The Ward als das „Chick Flick“ ihres Mannes..
Diesmal komponierte Carpenter anders als bei seinen meisten Film nicht selbst den Soundtrack zu dem Film und kommentierte das mit „ich bin einfach zu alt dazu“. Allerdings fiel er acht Jahre später offenbar in einen Jungbrunnen und steuerte zusammen mit David Davies und Cody Carpenter den Score zum „Halloween“ Reboot von David Gordon Green bei.
Der Schwarz-Weiß-Film, den die Patientinnen im Aufenthaltsraum sehen, ist übrigens „Der Turm der schreienden Frauen“ (1960), in dem ein Jazzpianist von einer toten Exfreundin heimgesucht wird.
IMDB-Rating: 5.5 von
10
Letterboxd-Rating: 2.5 von 5
Neft-Rating: 1.5 von 5
Kommentar schreiben
Steffelowski (Sonntag, 17 Dezember 2023 11:13)
Tatsächlich noch nie von dem Film gehört. Offenbar aber auch nicht gerade eine Wissenslücke, die zu bedauern wäre. Bei Carpenter scheint es keine „geht so“-Filme zu geben. Entweder Klassiker oder Schrott. Ein Mann der Extreme.
Anselm (Sonntag, 17 Dezember 2023 19:37)
Heute Nachmkittag habe ich mit einem Freund den hochgelobten argentinischen Horrorknüller "Terrified" (2017) gesehen. Der war so schlecht, dagegen ist "The Ward" ein kleines Meisterwerk!