Wenig geliebte Neuauflage des Klassikers
• USA 2019
• Regie: Kevin Kölsch und Dennis Widmyer
• Laufzeit: 101 Minuten
Wieder bezieht eine kleine Familie ein Haus in einer ländlichen Gegend, in der Tanklaster das Idyll stören. Und wieder befindet sich hinter dem Tierfriedhof eine alte Begräbnisstätte amerikanischer Ureinwohner.
Remakes erfolgreicher Horrorfilme sind generell eine zweischneidige Angelegenheit. Einerseits haben die Fans fast immer was zu meckern, andererseits wird eine neue Generation mit veränderten Sehgewohnheiten noch einmal an einen wahrscheinlich packenden Stoff herangeführt. Und nicht zuletzt klingelt vielleicht noch einmal die Kasse.
Ich weiß, dass viele Horrorveteranen das 30 Jahre später gedrehte Remake von Friedhof der Kuscheltiere schlecht finden. Ich hingegen kann ihm einiges abgewinnen. Ja, die
Atmosphäre ist nicht so herrlich all american wie es für Stephen King typisch ist, John Lithgow spielt den Jud Crandall nicht so markant-charismatischen wie Fred Gwynne im Original und
früher war eh alles besser, weil man jünger und beeindruckbarer war. Aber: Die Schauspieler*innen hier sind besser, die Figuren handeln ein bisschen plausibler, der unnötige
Missy-Part wurde gestrichen, die Hintergrundgeschichte mit der kranken Schwester besser und weniger ableistisch in die Geschichte integriert und vor allem: Im letzten Drittel überrascht der Film
mit ein paar gut gewählten Freiheiten und ist tatsächlich noch fieser als das Original. Nicht krasser, aber fieser. Aber das mögen andere natürlich anders sehen.
IMDB-Rating: 5.7 von 10
Letterboxd-Rating: 2.3 von 5
Neft-Rating: 3.5 von 5
// HOPSYS GEDANKEN
Stephen King hält seinen 1983 veröffentlichten Roman „Friedhof der Kuscheltiere“ für die „furchtbarste Geschichte“, die er je verfasst hat. Im Vorwort zur Taschenbuchausgabe erklärt er, dass er beim Schreiben eine persönliche Grenze überschritten habe. Das mag Marketing sein oder seiner persönlichen Wahrheit entsprechen, bekannt ist, dass King den Tod seiner schwerkranken Großmutter als Kind miterlebte, ohne dass andere Erwachsene dabei waren. Dieses Erlebnis bildet den Hintergrund für das Trauma von Rachel Creed, die mit ihrer unheilbar kranken Schwester allein gelassen wird, als diese einen furchtbaren Tod stirbt. Der Roman fokussiert sich nicht nur in dieser Hintergrundgeschichte auf das zentrale Therma des Horrorgenres: den Tod. Vom Verlust eines geliebten Haustiers, über den Suizid einer krebskranken Haushälterin, bis hin zum wohl Schrecklichsten: dem Tod eines Kindes. Und wie soll man Kindern erklären, dass nicht nur ihre Katzen und Großeltern, sondern auch ihre Eltern und sogar sie selbst sterben müssen, und dann einfach nicht mehr sind?
In einer Gesellschaft, in der der Tod eher als Anomalie erscheint (1) und weniger als (alltäglicher) Bestandteil des Lebens, kann die Tendenz vorherrschen, Kinder vor dem Themenfeld schützen zu wollen. Viele Psycholog*innen sehen es aber als sinnvoll an, Kindern gegenüber bei entsprechenden Fragen nicht auszuweichen, seine eigene Haltung möglichst zu klären oder sich andernfalls Unterstützung durch Freund*innen, Verwandte oder Fachleute zu suchen (2).
Das mit der eigenen Haltung kann allerdings schwierig sein (und ist es auch in beiden „Friedhof der Kuscheltier“ Verfilmungen), da es keine allgemein geteilte gesellschaftliche Erzählung über den Tod gibt. Das Ehepaar Creed repräsentiert in den Filmen dabei die beiden wichtigen Strömungen unserer Zeit: den tendenziell religiös geprägten Glauben an ein Leben nach dem Tod auf der einen Seite, und auf der anderen die materialistische Vorstellung, dass nach dem biologischen Tod eine Persönlichkeit nur noch in den Erinnerungen der Angehörigen weiterexistiert. So wie es nicht die eine Erzählung über den Tod gibt, gibt es auch keine lebendig-kollektiven Rituale im Umgang mit dem Phänomen. Er ist Privatsache geworden. Schon 1982 schrieb der Soziologe Norbert Elias daher über die „Entsozialisierung des Todes“. Auch diese Verunsicherung greift die Geschichte von Stephen King auf und konfrontiert uns mit Fragen, die wir uns gerne nicht stellen. Ein Merkmal für guten Horrorstoff!
(1) https://www.deutschlandfunk.de/gesellschaftlich-verdraengt-tabuthema-tod-100.html
Lektürehinweis: Norbert Elias: „Über die Einsamkeit des Sterbenden in unseren Tagen“. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1982
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